Sex Tipps

Slow Sex: was ist das eigentlich?

Beim Thema Slow Sex kommen mir Assoziationen wie kopulierende Schnecken oder von Menschen, die auch sonst im Alltag gerne alles mal aufreizend langsam erledigen. Eher nicht so prickelnd. Aber ist Slow Sex wirklich so langweilig, wie er beim ersten Hören oder Lesen klingt?

Warum Slow Sex?

Slow ist gerade im Trend. Slow Food, Slow Travel – wieder bewusster zu genießen, um der extrem schnelllebigen Zeit entgegenzuwirken, kommt bei vielen gut an. Der Stress im Alltag strahlt in alle Bereiche aus und erwischt auch unser Liebesleben.

Genau wie in anderen Bereichen haben viele das Gefühl, im Bett „performen“ zu müssen. Oder der Sex ist in der Beziehung eine schon eingespielte Routine geworden und irgendwie nicht mehr so richtig spannend und befriedigend.

Was ist Slow Sex?

Die Südafrikanerin Diana Richardson kennt sich aus mit Liebe, Meditation und Tantra. Sie hat nicht nur diverse Bücher dazu geschrieben, sondern lehrt schon seit mehreren Jahren Tantra für Paare, zusammen mit ihrem Mann. Und Diana möchte uns Slow Sex ans Herz legen, ein Thema, dem sie sich in ihrem gleichnamigen Bestseller widmet. Was sie und ihr Mann in ihren Seminaren für Paare lehren, können wir jetzt alle in ihrem Buch nachlesen: Sex ohne Stress, mit viel Zeit und Aufmerksamkeit für den anderen.

Was braucht Ihr für Slow Sex?

Nichts außer Zeit! Und natürlich Neugier auf etwas Neues. Auf Slow Sex muss man sich wirklich einlassen wollen – für mal eben schnell Testen ist das nichts. Slow Sex soll vor allem jeden Druck aus der Liebe nehmen. Ein Orgasmus ist bei der Idealvorstellung von perfektem Sex Pflicht, und besonders intensiv muss er auch noch sein. Slow Sex setzt da ganz anders an: Der Höhepunkt kann dabei sein, muss er aber nicht.

Und er soll auch nicht möglichst schnell kommen, im Gegenteil. Vorspiel, bewegen, auf den Höhepunkt hinarbeiten und fertig ist bei Slow Sex nicht angesagt. Aus diesem Muster (und eigentlich aus allen festgefahrenen Sexmustern in der Beziehung) möchte der langsame Sex ausbrechen.

Was ist das Ziel?

Kein Orgasmus? Und was soll das Ganze dann, was ist das Ziel? Das Ziel ist der entspannte Genuss von Sex. Eine wirkliche Hingabe an den Partner, die Berührungen und die Konzentration nur auf das, was man gerade tut, ohne störende Nebeneinflüsse und Ablenkungen. Der Körper des Partners und auch der eigene sollen beim Slow Sex wieder richtig kennengelernt oder teils auch neu entdeckt werden, um die feineren Nuancen von Sinnlichkeit und Erregung wiederzuentdecken.

Wie läuft Slow Sex konkret ab?

Klingt alles schön und auch ein bisschen esoterisch, aber für alle Interessierten: Wie sieht denn Slow Sex nun konkret aus? Das, was wir als Vorspiel betrachten, ist im Grunde schon der Sex. Das Wichtigste dabei ist die gemeinsame Zeit, die als Paar intensiv erlebt wird, und das Entdecken neuer Lustpunkte.

Damit das auch alles wirklich so ablenkungsfrei und konzentriert klappt wie gewünscht, ist es zunächst mal wichtig, dass Ihr alle Störungsquellen ausschaltet. Das Smartphone ist dabei Kandidat Nummer 1 und sollte ausgeschaltet oder in einem anderen Raum sein. Auch Computer und Fernseher sind tabu, wer will, kann zusätzlich noch die Türklingel auf stumm stellen, um keine Störung zu riskieren.

Als Nächstes sollten beide Partner sich möglichst entspannen. Ein bisschen Zeit für den Übergang vom Alltag zum Slow Sex nehmen und soweit wie möglich runterkommen. Dann könnt Ihr langsam loslegen, und ich schreibe bewusst „langsam“. Der Körper des anderen soll vorsichtig und trotzdem intensiv erkundet werden. Wie und womit Ihr das genau macht, ist nicht vorgeschrieben.

Nehmt Eure Hände und fahrt mit den Fingerspitzen über die Haut, küsst Euch lange, findet heraus, wie sich verschiedene Körperstellen mit den Lippen anfühlen. Auch sanfte Massagen können dabei sein. Damit Ihr nicht zu schnell in Fahrt kommt bzw. die Erregung sehr langsam aufbaut und genießt, lasst die Hotspots dabei eine ganze Weile aus.

Wenn Ihr nach einiger Zeit – dabei rede ich nicht von fünf Minuten, sondern eher von einer halben Stunde – mögt, könnt Ihr Euch steigern. Die Lust steigert sich mit Euren Berührungen, die sich jetzt mehr auf die klassischen erogenen Zonen wie Brüste, Penis, Vagina konzentrieren.

Danach folgt die Verbindung – so wird die Penetration beim Slow Sex genannt. Diese soll ebenfalls nicht so laufen wie beim „normalen“ Sex und nicht rhythmisch und schnell erfolgen, sondern langsam und gefühlvoll sein. Ihr könnt zwischendurch auch eine oder mehrere Pausen machen, um das Liebesspiel länger zu genießen und den Orgasmus hinauszuzögern. Am besten wählt Ihr eine sehr entspannte Position, damit die Entspannung nicht in Anstrengung umschlägt.

Und danach? Klar, dass Ihr nach einem solchen Erlebnis (das es hoffentlich für Euch war, im positiven Sinn) nicht einfach aufspringen und zur Tagesroutine übergehen solltet. Lasst den Slow Sex ganz in Ruhe im Bett ausklingen.

Männer und Slow Sex – das passt!
Auch für Männer kann Slow Sex eine bereichernde Erfahrung sein. Gerade dann, wenn herkömmlicher Sex wenig bis gar keine Erregung mehr bringt. Das ist kein Grund zur Sorge und kommt häufiger vor, als Ihr vielleicht denkt.

Ursachen können unter anderem das sexuelle Überangebot im Netz, Leistungsdruck, Stress oder eine eingeschlafene Kommunikation in der Beziehung sein. Mann weiß eventuell gar nicht (mehr), was ihn anmacht, oder er traut sich nicht, darüber zu reden. Ein voller Terminkalender und wenig Freizeit führen manchmal dazu, dass sich sexuelle Unlust breitmacht. Oder das Gefühl, nicht gut genug zu sein, sorgt für Hemmungen und verhindert die Lust am Liebemachen. Ständige Verfügbarkeit von Pornografie und anderen sexuellen Angeboten kann zur Ermüdung der Libido führen. Schneller, krasser, härter – gerade die Überperformance von Sexfilmen führt bisweilen dazu, dass normaler Sex als reizlos und wenig stimulierend wahrgenommen wird. Betroffene leiden darunter, dass sie nur noch schwer erregbar sind. Die Folge davon sind mitunter Erektionsstörungen und das Gefühl, versagt zu haben. 

All das kann durch Slow Sex in den Hintergrund geraten. Ihr konzentriert Euch aufeinander, und auch seine Libido braucht nicht von Beginn an stark ausgeprägt zu sein. Im Klartext: Es bedarf keiner Erektion, um Slow Sex zu praktizieren oder damit zu starten. Vielleicht kommt im Laufe der gegenseitigen Liebkosung die männliche Lust und er erigiert; falls dies nicht der Fall ist, könnt Ihr durch Küssen, Anfassen und Streicheln andere Arten der Zärtlichkeit miteinander austauschen. Das ist sogar ausdrücklich erwünscht bei dieser Sexualpraktik. Mit reiner Penetration hat Slow Sex schließlich nichts zu tun. Denn wirklich slow wird die Liebe erst, wenn langes Vor- und Nachspiel sowie ein extralanger Hauptteil den exakt getimten Sex ersetzen.

Vielleicht muss er erst davon überzeugt werden, dass die gegenseitige Liebesbekundung für Dich auch dann ganz toll ist, wenn sein bestes Stück nicht seinen Mann steht. Hier ist Überzeugungsarbeit gefragt. Sag ihm entweder mit Worten, wie sehr Du Dir eine gemeinsame Kuscheleinheit mit offenem Ausgang wünschst. Oder zeig ihm durch Gesten und Taten, dass Du ganz eng mit ihm zusammen sein und Dir Zeit nur für ihn nehmen möchtest – und das nackt und in Eurem Bett oder an einem anderen gemütlichen Ort, an dem Ihr ungestört intim sein könnt.

Slow Sex sorgt also dafür, dass alle Stressoren und Störfaktoren, die Eurer Zweisamkeit im Weg stehen, aus ebendiesem geräumt werden. So kann er Sex wieder als etwas Bereicherndes und Schönes statt als etwas Lästiges und Unbefriedigendes erleben.

Entspannte Stellungen für den Slow Sex

Manche Sexstellungen sind entspannter als andere und funktionieren genau deshalb wunderbar für Euer Slow-Sex-Erlebnis.

Die Löffelchenstellung ist gemütlich und leicht umsetzbar. Das macht sie zu einem perfekten Ausgangspunkt für Eure achtsame Kuscheleinheit. Alles, was Ihr dafür tun müsst, ist, Euch hintereinanderzulegen. Und dann kann’s auch schon losgehen. Berührungen stehen hoch im Kurs bei Slow Sex, und die lassen sich in Löffelchen-Position ideal ins Liebesspiel einbauen. Gerade der hinten liegende Partner kann den anderen mit ausgiebigen Streicheleinheiten verwöhnen. Auch von vorne kannst Du die Stimmung anheizen. Lass Deine Hand nach hinten wandern und verwöhne Deinen Liebsten mit Zärtlichkeiten.

Beim Slow Sex ist Gemütlichkeit angesagt. Müde Beine und Muskelkrämpfe sind da fehl am Platz. Also muss eine Sexstellung her, die wenig Anstrengung und ultimativen Genuss verspricht. Was ist da besser geeignet als Sex im Sitzen? Sie sitzt auf ihm, die Beine werden locker nach vorne ausgestreckt. Ihr könnt Euch umarmen und ganz nah sein, ganz so, wie es beim langsamen Sex sein sollte. Sanfte und bedächtige Bewegungen verstärken dabei den Effekt der gemeinsamen Entspannung.

Der Magic Mountain ist eine Sexstellung, die mit viel Körperkontakt einhergeht. Ihr braucht nichts weiter als ein paar kuschelige Kissen, die Ihr aufeinanderstapelt. Achtet darauf, dass der Kissenturm nicht wackelig ist, sonst stürzt er bei Eurem Liebesspiel noch ein. Sie legt sich mit ihrem Oberkörper bäuchlings auf die aufgetürmten Kissen und spreizt ihre Beine so weit, dass er von hinten in sie eindringen kann. Sein Oberkörper schmiegt sich dabei ganz eng an ihren. Ihr habt also ausgiebig Möglichkeiten, um Euch zu berühren und zu spüren – ideal, um Slow Sex zu praktizieren.

Der bestürzte Engel ist nichts anderes als eine etwas abgewandelte Form der Löffelchenstellung. Ihr winkelt beide Eure Beine stärker an als beim klassischen Löffelchen üblich, und das ist auch schon der ganze Unterschied. Doch dieser kleine Unterschied hat eine große Wirkung. Dadurch, dass Ihr Eure Beine sehr weit nach vorne beugt, empfindet Ihr beide den Liebesakt als besonders intensiv. Große Gefühle ohne viel Aufwand sind so garantiert. Für die Extraportion Zärtlichkeit sorgen Streicheleinheiten, die vor allem von ihm ausgehen. Brüste, Bauch und Beine freuen sich über eine Runde Zusatzkuscheln. Dann ist der Sex so richtig slow und liebevoll. 

Mit viel Leidenschaft und ohne große Anstrengung geht es bei der Zen-Pause zur Sache. Was bei dieser Sexstellung von Vorteil für Eure langsame Liebe ist: Ihr könnt Euch beim Liebemachen ganz tief in die Augen sehen. Im Vergleich zu Magic Mountain, Löffelchen und bestürztem Engel ein klarer Vorteil, wenn Ihr den Blickkontakt zum Partner wollt oder braucht, um in Kuschelstimmung zu kommen. Ihr liegt einander gegenüber, das obenliegende Bein des Mannes ist hochgestellt. Darüber legt die Frau wiederum ihr obenliegendes Bein. Sie schmiegt es quasi um die Hüfte ihres Liebsten und ermöglicht es ihm dadurch, tief in sie einzudringen. In dieser Position bietet es sich an, dass Ihr Euch umarmt, gegenseitig über Eure Rücken streichelt. Zeigt dem Anderen Eure Zuneigung, und kostet das Liebesspiel in vollen Zügen aus. Das Tolle auch bei dieser Stellung: Sie ist die ideale Basis für entspannten Sex, da Ihr mit wenig Anstrengung das volle Liebesprogramm fahren könnt. Deshalb ist die Zen-Pause perfekt fürs Slow-Sex-Feeling zwischen Euren Laken.

Generell gilt: Nicht jede Sexposition ist ultragemütlich und komfortabel, doch im Grunde eignen sich alle Stellungen dazu, den Sex achtsam und langsamer als sonst zu gestalten. Es kommt weniger auf die äußeren Bedingungen als vielmehr auf die innere Haltung an, die Ihr beim Sex einnehmt. Deshalb: Macht es slow, und macht es so, wie Ihr es fühlt.


Bildnachweise:
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Text: Carina Starklauf

DAS WICHTIGSTE DABEI IST DIE GEMEINSAME ZEIT, DIE ALS PAAR INTENSIV ERLEBT WIRD UND DAS ENTDECKEN NEUER LUSTPUNKTE.

Natalie Fiedel
Autorin
Natalie
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